Wir leben in einer Zeit, in der das Tempo des Lebens stetig schneller wird und die Anforderungen ständig steigen – sowohl die äußeren Anforderungen, sowie jene, die wir selbst an uns stellen. Unser Alltag ist vielfach geprägt von Hektik und Stress. Wir stehen täglich vor vielen Aufgaben und Herausforderungen, sind permanent im Tun und vergessen dabei auf das Sein. Für unsere Gesundheit ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir auf unsere innere Welt achten. Die „kleinen Inseln des Alltags“ bieten uns die Möglichkeit, uns zu regenerieren, unsere Energie aufzuladen und zu einer tieferen Verbindung mit uns selbst zu gelangen. Indem wir uns Zeit für uns selbst nehmen, unsere Bedürfnisse wahrnehmen, achten und dafür einstehen, können wir eine nachhaltige Balance und Zufriedenheit in unserem Leben erreichen, sowie unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden fördern, erhalten oder wieder erlangen.
Stress – Fluch oder Segen?
Wir alle kennen ihn und doch hat jeder Mensch ein eigenes Stress-Verständnis. In unserer westlichen „modernen“ Gesellschaft sind wir sehr geprägt von „schneller – höher – weiter“. Hektik, Arbeitsbelastung, Prüfungen, Lärm, finanziellen Sorgen oder auch Ängste vor Krankheit oder Krieg beschäftigen uns tagtäglich. Heute müssen wir kaum mehr auf der Hut sein vor Angriffen eines wilden Tieres oder ähnlichen Gefahren. Psychosozialer Stress steht im Vordergrund. Dieser entsteht per Definition durch Interaktion mit unserem sozialen Umfeld. Hierzu zählen beispielsweise Stress im Beruf oder im Familienalltag, aufgrund von Beziehungsproblemen oder Stress aufgrund von mangelndem Einkommen. Auch soziale Isolation verursacht Stress, ebenso wie Diskriminierung oder Mobbing. Doch hier zu sagen, dass das Umfeld und äußere Bedingungen schuld daran sind, dass wir gestresst oder gar krank sind, führt lediglich dazu, dass wir uns in eine Opferhaltung begeben. Daraus resultiert meist Resignation und Leid, weil wir aus der belastenden Situation selbst nicht mehr herauskommen.
Genau genommen lassen wir Stress selbst in uns entstehen, indem wir uns ständig im Außen orientieren, bewerten, uns mit anderen Menschen messen und vergleichen und der Meinung sind, wir müssten irgendwie sein und irgendetwas haben, um in der Gesellschaft angesehen zu werden. Schlussendlich sehnen wir uns alle danach, von anderen wertgeschätzt und geliebt zu werden. Dabei denken wir leider allzu oft, dass wir nicht unser selbst willen geliebt werden können, sondern nur wenn wir leisten und haben. Ständig sollten wir noch mehr tun und noch mehr erreichen um „gut genug“ zu sein. Wenn jemand von sich behauptet, nicht gestresst zu sein, gilt er schon fast als faul. Doch dieses Verständnis birgt viele Gefahren in sich. Wann sind wir denn endlich genug? Wann nimmt die Selbstoptimierung ein Ende? Wann sind wir uns selbst genug? Wann erkennen wir selbst unseren Wert? Wie sollen andere Menschen uns wertschätzen, wenn wir es selbst nicht einmal können?
Stress wird oft „als Ursache allen Übels“ angesehen. Dabei ist die Stressreaktion jedoch überlebensnotwendig („Kampf- oder Fluchtreaktion“).
Stress ist eine natürliche und evolutionär notwendige Reaktion sowie die empfundene Belastung des Organismus auf bestimmte Reize (Stressoren). Diese Reaktion dient dazu, sich an äußere Situationen und Bedingungen anzupassen und somit das Leben zu erhalten.
Die Stressreaktion dient dazu, uns vor Gefahren zu schützen. Doch was ist, wenn die Bedrohung tatsächlich gar nicht im Außen liegt, sondern wir sie vielmehr selbst erzeugen?
Nach einer Stressphase ist Erholung und Entspannung notwendig, um ein psycho-physiologisches Gleichgewicht herzustellen, das eine wichtige Grundlage für Gesundheit und Wohlbefinden bildet.
Urlaub, Erholung und Entspannung
Der typische Urlaub, auf den wir uns das ganze Jahr über freuen, dient meist der körperlichen Erholung und wir erhoffen uns „abschalten“ zu können. Wir wollen unseren Geist wegbewegen von den Gedanken an die Arbeit, Belastungen und Sorgen. Wir lenken uns ab, konzentrieren uns auf etwas anderes und fühlen uns für eine Zeit lang entspannter. Doch zurück im Alltag angekommen, hält die Erholung meist nicht lange an – wir geraten wieder in den Alltagstrott.
Stressforscher wissen schon lange: Nach jeder Anspannungsphase muss eine Entspannungsphase folgen, damit Gesundheit langfristig erhalten werden kann. Wie oft am Tag finden wir uns in stressigen Situationen wieder und wie viel Raum schaffen wir daneben, um wieder zu entspannen?
„Wer nicht jeden Tag etwas für seine Gesundheit aufbringt, muss eines Tages sehr viel Zeit für die Krankheit opfern.“ – Sebastian Kneipp
Es ist weniger der zweiwöchige Urlaub am Meer einmal pro Jahr, der uns langfristig entspannen lässt. Vielmehr sind es die kleinen Inseln des Alltags, die uns regelmäßig Erholung bieten, sich positiv auf unser Wohlbefinden und unsere Leistungsfähigkeit auswirken und nachhaltig unsere Gesundheit fördern.
Ausgleich schaffen
Neben vielen Gemeinsamkeiten sind wir Menschen auch sehr unterschiedlich. Genauso wie es Unterschiede gibt, welche Situationen wir herausfordernd oder stressreich empfinden, sind die Dinge, die uns entspannen lassen und für Ausgleich sorgen individuell. Für den einen kann eine Tageswanderung im Gebirge die notwendige Erholung nach einer hektischen Arbeitswoche bieten, für den anderen bedeutet Erholung „nichts zu tun“ und es sich im Liegestuhl im Garten gemütlich zu machen. Hier gibt es kein Patentrezept. Was jedoch für alle Menschen gleichermaßen gilt: Wir brauchen Ruhephasen, um uns zu regenerieren. Wenn diese nicht ausreichend stattfinden und Stressreaktionen überhandnehmen, resultieren früher oder später Krankheiten.
„Der Mensch opfert seine Gesundheit, um Geld zu verdienen. Dann opfert er sein Geld, um seine Gesundheit zurück zu gewinnen. Er ist so auf die Zukunft fixiert, dass er die Gegenwart nicht genießen kann. So lebt er weder die Zukunft noch die Gegenwart.“ – Dalai Lama
Es geht darum, dass wir uns einen Ort schaffen, der eine Atmosphäre der Stille und des Friedens bietet, damit wir uns von Alltagssorgen und Stress lösen können. Sich eine Zeit und einen Ort zu schaffen, frei von Ablenkungen wie elektronischen Geräten, um sich der Reflexion und Achtsamkeit zu widmen ist ein erster Schritt, um der Seele Urlaub zu gönnen.
Nimm Dir Zeit für die Dinge, die Dich glücklich machen
Um herauszufinden, was uns wirklich glücklich macht und Wohlbefinden schenkt, sollten wir uns in Achtsamkeit üben, öfter am Tag inne halten und in uns hinein hören, was wir jetzt gerade brauchen. Wo liegen im Moment Deine Bedürfnisse? Was braucht Dein Körper? Was braucht Dein Geist? Was braucht Deine Seele? Was nährt Dich? Was gibt Dir Kraft und Energie? Von was möchtest Du Dich loslösen, dass Dir mehr kostbare Energie raubt, als es Dir gibt?
Wir brauchen Ruhe und Zeit für uns selbst, um genau diese Fragen beantworten zu können und uns wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Yoga oder eine formale Meditationspraxis können dabei unterstützen, diese Fragen zu beantworten und können ebenso eine wertvolle Insel im Alltag sein, um Körper, Geist und Seele wieder in den Einklang zu bringen.
Es liegt an uns selbst, uns diese kostbare Zeit zu nehmen, die ersten Schritte zu setzen und Veränderungen anzustreben. Jeder trägt selbst die Verantwortung für das eigene Leben, diese kann uns niemand abnehmen – weder ein Familienmitglied noch ein Arzt oder Therapeut oder gar der Staat. Und wir haben jeden Moment unseres Lebens die Wahl, ob wir uns mit den Dingen beschäftigen, die uns gut tun oder mit jenen, die uns schaden. Wir können jeden Tag aufs neue entscheiden, ob wir uns dem Stress hingeben oder doch lieber Ausgleich und Inseln schaffen und uns selbst und unserer Gesundheit damit Gutes tun.
Wir haben alle nur dieses eine Leben und wir können selbst wählen, wie wir es leben wollen.