Als Pflegefachkraft bin ich unweigerlich immer wieder mit dem Thema Tod konfrontiert. Es ist ein Teil unseres Lebens, auch wenn es für viele ein Tabuthema bleibt. Dabei ist das Thema Tod letztendlich das einzige, dass wirklich JEDEN MENSCHEN AUF DER WELT BETRIFFT.
In meiner täglichen Arbeit erlebe ich, wie der Tod nicht nur eine biologische Veränderung ist, sondern auch ein emotionaler und sozialer Prozess, der sowohl die Betroffenen als auch ihre Angehörigen tief berührt. Doch wie geht man damit um? Welche Herausforderungen ergeben sich, und wie kann man den Sterbenden und ihre Familien in dieser schwierigen Zeit begleiten?
Plötzlich und unerwartet
Jede:r von uns weiß, unsere Zeit hier auf Erden ist begrenzt. Und dennoch haben die meisten von uns gewisse Erwartungen, nicht zuletzt, was die Lebenszeit betrifft. Wenn Menschen schon in jungen Jahren unerwartet sterben, hinterlassen sie oftmals eine tiefe Trauer in den Herzen ihrer Angehörigen und manches Leid der Hinterbliebenen scheint schier endlos. Unendlich zerdrückend ist der Schmerz. Was daneben bleibt ist oftmals die Frage nach dem Warum. Ich glaube, hierauf können wir lediglich durch den Glauben und die Hoffnung Antworten finden.
Die Sterbephase: Ein unvermeidlicher, aber individueller Prozess
Doch für die meisten von uns, kommt der Tod nicht plötzlich und unerwartet, sondern entwickelt sich schleichend. Zahlreiche körperliche wie auch geistig-emotionale Prozesse laufen ab, egal ob durch völlig natürliche altersentsprechende Abbauprozesse oder aufgrund von unterschiedlichen Krankheiten. Auch wenn die Botschaften vielfach schon frühzeitig ersichtlich sind, wollen wir sie oftmals nicht wahrhaben, hoffen weiter und tun alles dafür, das Leben zu erhalten und zu fördern. An einem gewissen Punkt, werden wir Menschen an unser menschliches Dasein erinnert und es wird klar, dass wir nicht alles kontrollieren können. Die terminale Phase beginnt und verschiedenste Zeichen zeigen uns, dass sich das Leben eines Menschen dem Ende zuneigt. Die Atmung verändert sich, körperliche Funktionen nehmen allmählich ab und meist sind die betroffenen sehr müde. Jede Person erlebt diesen Übergang anders. Manche Menschen werden dabei ganz still und ruhig. Es scheint, als hätten sie sich mit dem Leben und dem Sterben ausgesöhnt und ein tiefer Frieden breitet sich aus. Andere Menschen kämpfen bis zum Schluss um ihr Leben, was oftmals für die Angehörigen viel schwerer zu ertragen ist. Manche Menschen scheinen, als wären sie bereits in einer anderen Welt, auch wenn ihr Herz in dieser noch schlägt.
Der Tod ist ein höchst individueller Prozess. Nicht nur die körperlichen, sondern auch die seelischen und spirituellen Bedürfnisse der Sterbenden sind unterschiedlich. Während einige den Wunsch haben, mit ihren Angehörigen zu sprechen und Abschied zu nehmen, ziehen sich andere zurück und wollen in Ruhe gehen.
Die Rolle der Pflegefachkraft in der Sterbephase
In der Sterbephase ist die Rolle der Pflegefachkraft von großer Bedeutung, denn immer mehr Menschen sind in ihrer terminalen Lebensphase im stationären wie auch im häuslichen Setting (in Seniorenzentren, Krankenhäusern, Hospiz, zu Hause mit Hauskrankenpflege, 24-h Betreuung…) auf professionelle Pflege angewiesen. Neben all den fachpflegerischen Aufgabenbereichen sowohl im eigenverantwortlichen als auch im mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich der Fachpflege, ist es auch Aufgabe der Pflegekraft, feinfühlig auf die Bedürfnisse der sterbenden Person als auch deren Angehöriger einzugehen und eine Atmosphäre zu schaffen, in der vor allem die sterbende Person sich sicher und geborgen fühlt.
Wir sind nicht nur für die körperliche Pflege verantwortlich, sondern auch für die emotionale Unterstützung der Sterbenden und ihrer Angehörigen. Es geht nicht nur darum, Schmerz zu lindern und die nötige medizinische Versorgung zu bieten, sondern auch darum, den Sterbenden das Gefühl zu geben, dass sie nicht allein sind. Oft sind es die kleinen Gesten, die viel bedeuten: das Halten der Hand, ein beruhigendes Wort oder einfach nur ein stilles Mitgefühl.
Für die Angehörigen sind wir Pflegefachkräfte ebenfalls eine wichtige Stütze. Der Verlust eines geliebten Menschen ist eine der größten Herausforderungen im Leben. In dieser Zeit sind sie besonders auf Unterstützung angewiesen. Hier kann es hilfreich sein, ihnen zuzuhören, ihre Ängste und Sorgen zu erkennen und ihnen zu helfen, mit der Situation umzugehen.
Trauer: Ein langwieriger und individueller Prozess
Nach dem Tod eines Menschen beginnt für die Angehörigen der Trauerprozess. Trauer ist keine einheitliche Erfahrung. Sie zeigt sich in unterschiedlichen Formen und Intensitäten und kann sich über Jahre hinziehen. Manche Menschen haben das Bedürfnis, sofort über ihre Gefühle zu sprechen, während andere sich zurückziehen und ihre Trauer in sich tragen. Es gibt keine „richtige“ oder „falsche“ Art zu trauern – jeder muss seinen eigenen Weg finden. Und doch gibt es Möglichkeiten, den Trauerprozess zu unterstützen und die schmerzliche Erfahrung des Verlustes adäquat zu verarbeiten.
Die Pflegefachkraft kann hier immer noch eine Rolle spielen, indem sie den Angehörigen zuhört und ihnen Hilfe anbietet, die Trauer zu bewältigen. Einfühlungsvermögen und Verständnis sind entscheidend, um den Trauernden Raum zu geben, ihre Gefühle zu äußern, ohne sie zu drängen oder zu bewerten.
Der Umgang mit der eigenen Trauer als Pflegefachkraft
Der Tod eines Patienten, mit dem man über längere Zeit gearbeitet hat, hinterlässt auch bei mir als Pflegefachkraft Spuren. Es ist nicht immer leicht, sich nicht von der eigenen Trauer überwältigen zu lassen. Gerade in der Pflege ist es wichtig, eine professionelle Distanz zu wahren, um den Patienten und ihren Familien gegenüber objektiv und hilfreich zu bleiben. Doch diese Distanz ist oft schwer aufrechtzuerhalten, besonders bei Patienten, mit denen man eine enge Beziehung aufgebaut hat.
In solchen Momenten ist es wichtig, sich selbst auch Unterstützung zu suchen – sei es durch Gespräche mit Kollegen, Supervision oder einfach durch Zeit für sich selbst. Denn auch wir als Pflegekräfte sind Menschen und dürfen uns erlauben, die Trauer zu fühlen und mit ihr umzugehen.
Abschließend
Der Tod ist ein unvermeidlicher Teil des Lebens, und gerade als Pflegefachkraft begegnen wir ihm immer wieder. Es ist eine der größten Herausforderungen in unserer Arbeit, den Sterbenden und ihren Familien durch diesen Prozess zu begleiten. Es erfordert Empathie, Geduld und das Bewusstsein für die Individualität jedes Menschen. Doch auch die eigene Trauer gehört dazu – sowohl als Begleiter:in des sterbenden Menschen als auch als Mensch, der mit die Verantwortung für das Wohl anderer trägt. Durch den respektvollen Umgang mit dem Tod, der Sterbephase und der Trauer können wir unseren Patient:innen und deren Angehörigen ein Stück weit Unterstützung bieten und selbst einen würdevollen Umgang mit dem Thema finden.